Am Anfang ist die Losgelassenheit

Jeder möchte ein losgelassenes Pferd, vom Freizeit- bis zum Turnierreiter. Aber wie erreichen wir diese schöne Losgelassenheit, diesen freien, geschmeidigen Bewegungsfluß?

Zwingende Voraussetzungen - Schmerz- und Angstfreiheit

Die erste, nicht verhandelbare Voraussetzung ist die Schmerzfreiheit und eine passende Ausrüstung. Mit wehen Beinen und drückendem Sattel erreicht niemand jemals Losgelassenheit. Die zweite absolute Voraussetzung ist Angst-Freiheit. Ein Pferd, das Angst hat, sei es vor der einen Gruselecke, einer zu harten Hand oder der scharfen Kritik seines Menschen wird sich auch nicht loslassen – klugerweise, muss es doch jederzeit bereit sein, sich zu schützen.
Gehen wir also davon aus, dies ist alles gegeben. Die Sonne scheint, es ist windstill, wir sind entspannt, Sattel und Trense oder der Kappzaum passen wie angegossen.

Der Weg zur Losgelassenheit - Ruhe, Atmen, selbst loslassen

Wie bringen wir unser Pferd jetzt zur Losgelassenheit? Wie legen wir die Grundlage für lockere Muskeln und einen entspannten Geist? 

Erzwingen können wir dabei sicher nichts; Losgelassenheit ist (wie) Entspannung; wir können nur den Rahmen schaffen, um sie entstehen zu lassen.

Der Schlüssel ist wie immer: Wir müssen das zuerst tun, was wir von unserem Pferd möchten. Möchten wir, dass unser Pferd loslässt, sich auf die Stunde einlässt, seine Muskeln lockert – dann müssen wir das erst einmal selbst tun.

Ein ganz einfacher – und manchmal doch so schwerer – Weg, diesen Rahmen zu schaffen, sind diese drei Dinge:
  1. unser Pferd in Ruhe schreiten lassen.
  2. Atmen.
  3. Uns selbst loslassen.

Zu Beginn jeder Einheit, sei es Reiten oder Kappzaumtraining, sollten wir unser Pferd einfach einmal am hingegeben Zügel oder an lockerer Longe schreiten lassen und in seiner Bewegung begleiten.
Sowohl im Sattel als am Boden heißt das für uns: Atmen und die Schulterblätter fallen und in die Hosentaschen rutschen lassen. Atmen und den Po schwabbeln lassen – oja bei unserem Pferd (und auch sonst) dürfen wir einen richtig schön entspannten Schwabbel-Po haben. Atmen und das Kreuzbein sinken lassen. Atmen und die Knie und Ellenbogen weich werden lassen. Nochmal Atmen und mit den Fußsohlen Bügel oder Boden wahrnehmen. Und wieder von vorne die Runde durch unseren Körper machen.

Unser Pferd schaut die ganze Zeit auf uns und wenn wir anfangen, uns neben ihm zu entspannen und unseren Körper weich werden zu lassen, macht es uns das nach. Pferde sind so.

So können wir ruhig 3, 4 Runden neben unserem Pferd hergehen oder von ihm tragen lassen.

Am Anfang darf es langsam sein...

Wenn Euer Pferd anfangs noch sehr langsam geht – lasst es bitte so gehen. So lange es geht und nicht steht, lasst es in Ruhe sein Tempo gehen. Kommt es aus der Box, ist es ganz klar, dass es sich erst einmal einlaufen muss. Aber auch aus dem Offenstall müssen sich die Pferde erst einmal auf diese gleichmäßige Bewegung einstellen.

Lasst Ihr Euer Pferd in Ruhe gleichmäßig gehen, wird es von ganz alleine flotter, weil sich seine Muskeln erwärmen, einspielen und geschmeidiger werden. Es wird den Hals fallen lassen, so dass der Unterhals schön schwabbelt (so wie Euer Po 😉 ), es wird zufrieden und genüßlich kauen, vielleicht schnauben und sich selbständig dehnen und strecken.

Wenn Euer Pferd älter oder beeinträchtigt ist - gebt ihm Zeit

Ist Euer Pferd älter, hat körperliche Probleme oder ist diese ruhige Arbeit noch nicht gewohnt, kann es gut sein, dass Ihr länger, 10 min, 15 min mit ihm so gehen müsst, ehe es seinen Körper loslassen kann. Vielleicht klappt es die ersten Male auch gar nicht. Aber – bleibt zuversichtlich und beobachtet Euer Pferd genau. Es wird immer wieder Momente geben, in denen es doch kurz abschnaubt, die Lippen entspannt und sich kurz nach unten streckt. Das sind Eure Erfolge. Sicher ist, DASS es funktionieren wird.

Loslassen als Aufwärmen-Routine

Integriert diese Routine in den Beginn Eurer nächsten Trainingsstunden und beobachtet, was passiert. Wo fällt es Euch selbst schwer, loszulassen – heiße Kandidaten sind immer die Hüften, der Po und der Nacken? Wo fällt es Eurem Pferd schwer – auch hier ist der Nacken ganz vorne, gefolgt von der Hinterhand. Wie gut klappt es mit dem Atmen?

Ich freue mich über Eure Rückmeldungen und wenn Ihr Hilfe braucht oder Probleme bemerkt, meldet Euch gerne für ein gemeinsames Training oder eine Behandlung.

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